Parlamentarischer Abend des BDB in Berlin – Marode Infrastruktur und Brüsseler Bürokraten machen der Schifffahrt Sorgen

Nicht nur im Straßenbereich hat Deutschland mit einer zunehmend maroden Infrastruktur zu kämpfen, die sich in Form von bröckelnden Autobahnbrücken und Streckensperrungen bemerkbar macht. Auch die Infrastruktur längs der Flüsse und Kanäle befindet sich in einem zunehmend besorgniserregenden Zustand. Die überwiegende Zahl der Schleusen in Deutschland ist überaltert und baufällig. Doch weder Geld noch Personal sind in ausreichendem Maße vorhanden, um hier gegenzusteuern. Der Verfall wird von der breiten Bevölkerung nicht registriert, denn sie ist – mit Ausnahme der Tagesausflugs- und Kabinenschifffahrt – nicht unmittelbarer Nutzer dieser Infrastruktur.

Auf diese Missstände machte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB), Martin Staats, am Donnerstag in Berlin aufmerksam. Was der Ausfall auch nur einer baufälligen Schleuse für gravierende Folgen für die Wirtschaft und die verladende Industrie haben kann, verdeutlichte der Vorstand der MSG anhand eigener Erfahrungen in seinem Unternehmen am Beispiel der Schleusen Erlangen und Kriegenbrunn am Main-Donau-Kanal. Er wies weiter darauf hin, dass die fehlenden Ausbaumaßnahmen, etwa an der Donau, den Unternehmern in der Binnenschifffahrt im vergangenen Sommer wegen des lang anhaltenden Niedrigwassers sehr viel Geld gekostet haben.

Staats forderte von der Politik deshalb ein schnelles und energisches Handeln: „Das ‚Fahren auf Verschleiß‘ muss ein Ende haben: Mehr Geld für die Infrastruktur reicht nicht aus – die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung braucht auch mehr qualifiziertes Planungspersonal, um den Sanierungsstau aufzulösen und den Schiffsbetrieb aufrecht zu erhalten. Der Erhalt des Vorhandenen muss dabei Priorität vor vorgesehenen Ausbaumaßnahmen haben!“ Dem stimmten die Mitdiskutanten an diesem Parlamentarischen Abend, Karl-Heinz Ehrhardt (Hafen Magdeburg), Gerd Deimel (LANXESS), BMVI-Abteilungsleiter Reinhard Klingen und MdB Gustav Herzog (SPD), uneingeschränkt zu. Durch Neuanstellungen in der Verwaltung, gezielter Nachwuchswerbung und durch eine steigende Investitionslinie in der Infrastruktur soll nun ein Kurswechsel erfolgen.

Der aktuelle Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes und der nun vorgelegte Netzzustandsbericht, der Auskunft über den Erhaltungszustand und die Investitionsnotwendigkeiten gibt, zeigen ein deutliches Bild: Das Land steht vor einer „Herkulesaufgabe“, den schleichenden Verfall zu beenden und dringend notwendige Ausbaumaßnahmen an heute schon hoch belasteten Strecken an Rhein, Main, Main-Donau-Kanal, Donau, Mosel oder Neckar durchzuführen. „Die vom Bundesverkehrsministerium vorgesehenen Ausbauprojekte sind in Summe betrachtet korrekt. Mittelverfügbarkeit und Mittelnotwendigkeit klaffen zurzeit allerdings eklatant auseinander“, kommentierte Martin Staats die Unterlagen.

Ungemach droht dem europäischen Schifffahrtsgewerbe zudem aus Brüssel: „Die Neufestsetzung der Abgasgrenzwerte bei Neumotorisierungen hilft weder der Schifffahrt, noch der Umwelt: Zu ihrer Einhaltung bedarf es Partikelfilter, die es entweder noch gar nicht gibt, exorbitant teuer sind oder deren Praxistauglichkeit erst noch belegt werden muss. So wird eine frühzeitige Umstellung auf besonders schadstoffarme Motoren und Filter nicht stattfinden können. Vorhandene Motoren werden vielmehr so lange wie möglich im Einsatz gehalten. Wir erwarten von der Politik ein Vorgehen mit Augenmaß!“, erklärte Martin Staats. Wenig hilfreich seien zudem die derzeitigen Absichten der Brüsseler Bürokraten, die Standards für die Befähigungen in der Binnenschifffahrt abzusenken. „Die bis heute gegebene Sicherheit der Binnenschifffahrt sollte nicht leichtfertig auf’s Spiel gesetzt werden“, so der BDB-Präsident.

Die rund 100 Gäste des Parlamentarischen Abends des BDB nahmen erfreut zur Kenntnis, dass die Vertreter aus Politik und Verwaltung die Probleme des Gewerbes nicht nur erkannt haben, sondern auch aktiv gegensteuern wollen, indem nun Maßnahmen zur Förderung des Gewerbes und zur Verbesserung der Infrastruktur eingeleitet werden sollen. Unterstützung wurde auch signalisiert bei der Abwehr realitätsferner Verordnungen und Richtlinien, die zurzeit bei der Europäischen Union ausgearbeitet werden.

 

Bildunterschriften:

 

Bild 1:

BDB-Präsident Martin Staats (MSG eG)

 

Bild 2:

BDB-Präsident Martin Staats (MSG eG) auf dem Parlamentarischen Abend des BDB am 12. Mai 2016 in Berlin

 

Bild 3:

(v.l.n.r.) MdB Gustav Herzog (SPD), Reinhard Klingen (BMVI), Lutz Lauenroth (DVZ), BDB-Präsident Martin Staats (MSG), Karl-Heinz Ehrhardt (Magdeburger Hafen), Gerd Deimel (LANXESS)

 

 

 

Die Bilder 2 und 3 bitte nur mit folgendem Zusatz verwenden: Copyright: Peter-Paul Weiler, berlin-event-foto.de

 

 

Über den BDB e.V.:

Der 1974 gegründete Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) vertritt die gemeinsamen gewerblichen Interessen der Unternehmer in der Güter- sowie der Fahrgastschifffahrt gegenüber Politik, Verwaltung und sonstigen Institutionen. Mitglieder des BDB sind deshalb Partikuliere, Reedereien und Genossenschaften. Auch Fördermitglieder unterstützen die Arbeit des BDB. Der Verband mit Sitz in Duisburg und Repräsentanz in Berlin bezieht Stellung zu verkehrspolitischen Fragen und bringt sich aktiv in die Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Seit der Fusion mit dem Arbeitgeberverband (AdB) im Jahr 2013 vertritt der BDB auch die Belange der Verbandsmitglieder in arbeits-, tarif- und sozialrechtlichen sowie personal-, sozial- und bildungspolitischen Angelegenheiten und ist Tarifvertragspartner der Gewerkschaft Verdi. Der BDB betreibt das in Duisburg vor Anker liegende Schulschiff „Rhein“ – eine europaweit einzigartige Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtung für das Binnenschifffahrtsgewerbe.