Planfeststellungsbeschluss für Hochwasserschutz und Donauausbau verzögert sich um weitere 12 Monate – Verwaltungsverfahren à la „Passierschein A 38“ sind für Bürger nicht mehr nachvollziehbar

In dem Film „Asterix erobert Rom“ müssen Asterix und Obelix als achte Aufgabe die von Gaius Pupus gestellte Aufgabe lösen: „Eine Formalität verwaltungstechnischer Art“. Die Formalität ist der „Passierschein A 38“, den man angeblich am Schalter 1 des Verwaltungsgebäudes erhält – im Comic als „Das Haus, das Verrückte macht“ bezeichnet. Freunde dieses Comics wissen, was dann folgt: Hektik, Rennerei, Verzögerung, und ein unendliches nutzloses Chaos.

An diesen Film erinnert zurzeit das Procedere an der Donau zur Erarbeitung eines Planfeststellungsbeschlusses, der für den Flussausbau mit Hochwasserschutz im Teilabschnitt Straubing – Deggendorf benötigt wird. Das Verfahren wurde bereits 2014 begonnen. „Bei optimalem Verlauf des Verfahrens“, teilt die zuständige Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) nun mit, sei „im Sommer 2019“ mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu rechnen. Zunächst war der Beschluss für das Frühjahr 2018, dann für Mitte 2018 angekündigt worden. Erst wenn der Beschluss vorliegt, darf gebaut werden, und auch nur dann, wenn keiner dagegen klagt.

Mit einer Fertigstellung der Hochwasserschutzmaßnahmen ist, so wird berichtet, dann nicht vor dem Jahr 2024 zu rechnen. Das sind wenig beruhigende Aussichten für jenen Teil der Bevölkerung, der zuletzt noch im Juni 2013 bei der Jahrhundertflut in Nieder- und Oberbayern Hab und Gut verloren hat.

Martin Staats (MSG, Würzburg), Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB), erklärt hierzu:

„Das Verwaltungsprocedere in Deutschland mit seinen komplexen Beteiligungsverfahren ist für Normalsterbliche nicht mehr nachvollziehbar. Und es ist erschreckend, wie nah Asterix‘ ‚Passierschein A 38‘ immer noch an der Realität der Verwaltung dran ist. Wie soll man Kommunen und Bürgern erklären, dass zwingend erforderliche Hochwasserschutzmaßnahmen sich wegen unendlicher Einwendungen, Mitbestimmungsrechte, Ausgleichsmaßnahmen und Genehmigungsvorbehalten bis in die Amtsstube nach Brüssel um weitere 12 Monate verzögern? Wie soll man Binnenschiffern und ihren Kunden vermitteln, dass der dringend notwendige und seit Jahrzehnten diskutierte Ausbau des deutschen Donauabschnittes erneut verschoben wird? Schön ist, dass einige Schutzmaßnahmen bereits vorgezogen werden konnten. Dafür können wir uns aber nichts kaufen. Wir als Schifffahrtstreibende sind auf eine planbare und verlässliche Wasserstraße angewiesen und warten dringend auf den ersten Ausbauabschnitt. Die Frage muss erlaubt sein: Wann gedenkt die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt als zuständige Planfeststellungsbehörde eigentlich, den zweiten Streckenabschnitt von Deggendorf bis Vilshofen fertigzustellen?

Die Begründung der GDWS für die neuerliche Verzögerung liest sich abenteuerlich und steht „Asterix in Rom“ in nichts nach:

350 Einwendungen seien seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens vor vier Jahren eingegangen, zuzüglich weiterer „zahlreicher und sehr umfangreicher Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie von anerkannten Naturschutzvereinigungen“. Fünf Planänderungsverfahren wurden nach Durchführung entsprechender Erörterungstermine durchgeführt, wobei die Einarbeitung dieser Planänderungen in die Gesamtplanung sich immer noch in der Detailabstimmung befindet. Aufgrund strenger umweltrechtlicher Vorgaben müsse dann für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses „eine Stellungnahme der EU-Kommission eingeholt werden“, teilt die GDWS mit. Die Bürokraten in Brüssel haben aber bereits „weitergehende und ergänzende Anforderungen an die Unterlage gestellt“. In Kürze werde deshalb ein weiteres Planänderungsverfahren erforderlich, wobei auch diese Änderungen selbstverständlich in den Gesamtplan zu integrieren sind. Der Eingang der Stellungnahme der EU-Kommission werde „derzeit für Anfang 2019 erwartet“, so die GDWS.

Das Fazit des BDB-Präsidenten Martin Staats lautet:

„Das gesamte Verwaltungsverfahren gehört dringend verschlankt und entrümpelt. Und die zuständige GDWS muss ‚auf die Tube drücken‘ und schneller arbeiten, damit hier endlich Bewegung in die Ausbaumaßnahme kommt. Dass es sich bei der Kombination von Hochwasserschutz- und Ausbauverfahren um hochkomplexe Verwaltungsverfahren handelt, mag aus Sicht der GDWS die erneute Verzögerung begründen. Das kann aber weder die hochwassergeplagten Anwohner, die hier hingehalten werden, noch die Binnenschiffer und deren Kunden zufrieden stellen.“

 

Über den BDB e.V.:

 Der 1974 gegründete Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) vertritt die gemeinsamen gewerblichen Interessen der Unternehmer in der Güter- sowie der Fahrgastschifffahrt gegenüber Politik, Verwaltung und sonstigen Institutionen. Mitglieder des BDB sind deshalb Partikuliere, Reedereien und Genossenschaften. Auch Fördermitglieder unterstützen die Arbeit des BDB. Der Verband mit Sitz in Duisburg und Repräsentanz in Berlin bezieht Stellung zu verkehrspolitischen Fragen und bringt sich aktiv in die Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Seit der Fusion mit dem Arbeitgeberverband (AdB) im Jahr 2013 vertritt der BDB auch die Belange der Verbandsmitglieder in arbeits-, tarif- und sozialrechtlichen sowie personal-, sozial- und bildungspolitischen Angelegenheiten und ist Tarifvertragspartner der Gewerkschaft Verdi. Der BDB betreibt das in Duisburg vor Anker liegende Schulschiff „Rhein“ – eine europaweit einzigartige Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtung für das Binnenschifffahrtsgewerbe.