BDB nimmt in Berlin vor der Bodewig-Kommission Stellung – Bund muss deutlich mehr in Flüsse und Kanäle investieren – verkehrsträgerübergreifende Finanzierungskreisläufe helfen Straße, Schiene und Wasserstraße

Über viele Jahre hat der Staat deutlich zu wenig in den Erhalt und Ausbau der Flüsse und Kanäle investiert. Das rächt sich nun: 50 % der Schleusen in Deutschland sind älter als 80 Jahre. 25 % aller Schleusen haben das technische Lebensalter von 100 Jahren bereits erreicht oder überschritten. Bei einer jüngst durchgeführten Zustandsnotenverteilung hat das Bundesverkehrsministerium festgestellt, dass ein Drittel aller Schleusen sich in einem „nicht ausreichenden Zustand“ befindet.

Auf diese alarmierenden Zustände im Bereich der Bundeswasserstraßen hat der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) am vergangenen Mittwoch im Rahmen einer Anhörung der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter der Leitung von Bundesverkehrsminister a.D. Kurt Bodewig in Berlin hingewiesen. Anstatt der jährlich rund 800 Mio. Euro müsste der Staat rund das Doppelte in Erhalt und Ausbau der bundesdeutschen Wasserstraßen investieren, um z.B. auch die zwingend durchzuführenden naturschutzfachlichen Aufgaben umzusetzen. Der BDB hat in der Anhörung dafür plädiert, in regelmäßigen Abständen mit einem umfassenden und leicht verständlichen Bericht über den Zustand des Wasserstraßennetzes in Deutschland und über die erforderlichen Investitionen zu berichten. Damit würde Entscheidern in Politik und Verwaltung ein praktischer Leitfaden für die Priorisierung von Maßnahmen an die Hand gegeben.

Der BDB bekannte sich vor der Bodewig-Kommission zur Nutzerfinanzierung im Bereich der Infrastruktur. Die Schifffahrt zahlt bereits seit Jahrzehnten Abgaben für die Nutzung der Wasserstraßen. Es wäre zu prüfen, inwieweit sonstige Nutzer der Flüsse und Kanäle im Industrie- und Freizeitbereich angemessen an der Finanzierung beteiligt werden könnten. Eine Ausweitung der Schifffahrtsabgaben auf bislang kostenfrei nutzbare Magistralen wird vor dem Hintergrund völkerrechtlicher Hürden (Rhein: Mannheimer Akte) und dem entgegenstehenden politischen Willen (Weser, Elbe: Erhalt der Leistungsfähigkeit der deutschen maritimen Wirtschaft) als nicht umsetzbar angesehen.

Nach Auffassung des BDB sollten Nutzerabgaben im Verkehrssektor zu 100 % in die Verkehrsträger reinvestiert werden und dürfen keinesfalls im allgemeinen Bundeshaushalt versickern, wie dies zurzeit mit den Schifffahrtsabgaben geschieht. Einer Nutzerfinanzierung nach dem Prinzip „Straße finanziert Straße“, also einem geschlossenen Finanzierungskreislauf, stimmt der BDB jedoch nicht zu. In der Anhörung vor der Bodewig-Kommission führte der BDB aus, dass sämtliche Verkehrsträger – sei es die Straße, die Schiene oder die Wasserstraße – für die weitere Entwicklung des Logistikstandortes Deutschland unerlässlich sind, jeweils systemeigene Vorteile bieten und damit zu einer wechselseitigen Unterstützung bzw. Entlastung beitragen. In diesem Sinne stellen die Verkehrsträger eine Art Solidargemeinschaft dar. Eine anteilige Finanzierung von Schiene und Wasserstraße aus den Einnahmen der Straßenmaut verbessert die dortige Infrastruktur, was mittelbar durch den eintretenden Entlastungseffekt auch der Straße zu Gute kommt. Die Handlungsmaxime „Verkehr finanziert Verkehr“ erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur folgerichtig, sondern entspricht auch dem Verständnis einer integrierten Verkehrspolitik.

 

Hintergrund:

Die Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter der Leitung des früheren Bundesverkehrsministers Kurt Bodewig (SPD) wurde am 11. April 2013 durch Beschluss der Verkehrsministerkonferenz des Bundes und der Länder eingesetzt („Bodewig-Kommission“). Das Gremium setzt damit die bisherige Arbeit der sog. Daehre-Kommission fort. Es erarbeitet zurzeit Handlungsempfehlungen für ein Konzept für die künftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, die in einer Sonderkonferenz der Verkehrsminister am 2. Oktober 2013 in Berlin vorgestellt werden. Die Beschlüsse des Treffens sollen in die Regierungsverhandlungen nach der Bundestagswahl einfließen.