Bundeskabinett verabschiedet Nationales Hafenkonzept – BDB: Bedeutung des Systems Wasserstraße im Güterverkehr wird gewürdigt – Einige Maßnahmen bleiben unbestimmt
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) begrüßt im Grundsatz das heute von der Bundesregierung verabschiedete Nationale Hafenkonzept. Es stellt inhaltlich und strategisch eine Fortschreibung des im Jahr 2009 vorgelegten Hafenkonzepts dar und beinhaltet neben einer Analyse der Marktsituation der See- und Binnenhäfen vor allem konkrete Maßnahmenvorschläge, die unter anderem unmittelbar die Güterbinnenschifffahrt in Deutschland betreffen.
„Die Bundesregierung erklärt, dass die Binnenschifffahrt als sicherer und klimafreundlicher Verkehrsträger auch in den kommenden Jahren im Gesamtverkehrssystem weiter an Bedeutung gewinnen muss, damit die erwarteten Verkehrszuwächse, insbesondere im Seehafenhinterlandverkehr, bewältigt werden können. Eine solche Analyse bzw. verkehrspolitische Absichtserklärung können wir als BDB nur ausdrücklich unterstützen“, erklärt BDB-Präsident Martin Staats. Aus Sicht des BDB folgerichtig legt die Regierung daher einen besonderen Schwerpunkt auf den weiteren Ausbau der Flüsse und Kanäle in Deutschland:
„Der Ausbauzustand der Wasserstraßen ist ein entscheidender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Schiffstransportes. Wichtig sind dabei die Abladetiefen, Brückendurchfahrtshöhen und zulässige Schiffsabmessungen. Der Ausbau der Wasserstraßeninfrastruktur wird zurzeit durch zu geringe Planungskapazitäten in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) erschwert“, erklärt die Regierung. Sie wird deshalb die Streckenabschnitte der „Wasserstraßen der Kategorie A“ auf Grundlage von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und vorbehaltlich verfügbarer Mittel so schnell wie möglich für die erforderlichen Schiffsgrößen ausbauen. „Wasserstraßen der Kategorie B“ sollen optimiert werden, Streckenabschnitte der „Kategorie C“ bleiben im Bestand erhalten. Der Bund wird außerdem Maßnahmen, z.B. bei der Planung in der WSV, ergreifen, damit die vorhandenen Mittel für Wasserstraßeninvestitionen in angemessener Zeit verbaut werden können.
„Wie nicht anders zu erwarten war, greift die Bundesregierung für die zukünftigen Ausbaumaßnahmen an Flüssen und Kanälen auf die von der Vorgängerregierung entworfene „Netzpriorisierung“ nach Leistungsklassen zurück. Das hilft der Binnenschifffahrt und den Binnenhäfen in den heutigen ‚Rennstrecken‘ mit hohem Transportvolumen. Aber zum Beispiel östlich von Magdeburg und in bestimmten Relationen im Norden und Südwesten der Republik dürfen sich die Betreiber der Binnenhäfen von einer verbesserten Erreichbarkeit per Binnenschiff gedanklich zunächst verabschieden“, kommentiert BDB-Präsident Martin Staats die Maßnahmenstrategie der Bundesregierung.
Ein besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung auf die langfristige Sicherstellung der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Hier wird nicht nur eine „bedarfsgerechte Aufstockung der Investitionen“ angekündigt, sondern auch „die Generierung zusätzlicher Haushaltsmittel durch die Ausweitung der Nutzerfinanzierung“. Hier will die Regierung „die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen bei seinen Planungen zur Nutzerfinanzierung von Bundeswasserstraßen prüfen“.
„Wir erwarten, dass die Regierung tatsächlich eine umfassende Einbeziehung sämtlicher Nutzer der Wasserstraßen, also nicht nur der gewerblichen Binnenschifffahrt, vornimmt. Außerdem sollte sie ihre Planungen nicht nur im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen prüfen, sondern auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schifffahrt im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern. Hier wäre eine präzisere Beschreibung der Ziele und Maßnahmen hilfreich gewesen, um Missverständnisse zu vermeiden“, erklärt BDB-Präsident Martin Staats.
Eher vage sind die Erklärungen der Bundesregierung zur Verbesserung der teilweise unzumutbar langen Abfertigungszeiten von Binnenschiffen in den Seehäfen: Der Bund werde die Häfen bei Vorhaben zur koordinierten Hafenentwicklung unter Berücksichtigung des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts unterstützen. Im Übrigen sieht die Bundesregierung die Handlungsverantwortung bei den See- und Binnenhäfen: „Die Hafenwirtschaft wird Wege suchen, um negative Auswirkungen von Engpässen in den Seehäfen für die betrieblichen Abläufe der Binnenschifffahrt zu vermeiden. Die Seehafenwirtschaft wird geeignete Verladeeinrichtungen für Binnenschiffe errichten, wo dies wirtschaftlich sinnvoll ist.“ Ob und wie diese Maßnahmen, die als „Daueraufgaben“ deklariert werden, nun operativ umgesetzt werden, bleibt offen.
Auch die Steigerung der Umweltfreundlichkeit der Schifffahrt greift die Regierung erfreulicherweise in dem Konzeptpapier auf. LNG wird dabei als vielversprechendster alternativer Kraftstoff in der See- und Binnenschifffahrt angesehen, wobei die Umweltbilanz der Binnenschifffahrt schon heute deutlich besser ist als die der Seeschifffahrt: „Der in der Binnenschifffahrt ausschließlich verwendete Kraftstoff (Gasöl oder Diesel) hat im Vergleich zum Schweröl geringere Ruß-, Schwefel- und Stickstoffemissionen. In der Binnenschifffahrt ist der Umstieg auf schwefelarme Treibstoffe bereits gelungen“, stellt die Regierung fest. Verflüssigtes Erdgas (Liquified Natural Gas bzw. LNG) sieht die Regierung als vielversprechendsten alternativen Kraftstoff in der See- und Binnenschifffahrt. In der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung wird deshalb besonderes Augenmerk auf eine weitere Senkung der Emissionen durch eine Markteinführungsstrategie für LNG in der Schifffahrt, inklusive der Binnenschifffahrt, gelegt.
Anstatt konkrete Förderprogramme zuzusagen, belässt es die Regierung hier allerdings leider bei einem selbst auferlegten „Prüf-Auftrag“: Der Bund werde prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen in Betracht gezogen werden können, um LNG bessere Absatzmöglichkeiten zu verschaffen. Er werde sich für eine Vereinheitlichung und Beschleunigung international anerkannter Genehmigungsverfahren und Standards für LNG-Infrastrukturen einsetzen und in Zusammenarbeit mit den Ländern und der Wirtschaft bis Ende 2016 eine nationale Strategie für den Ausbau der Infrastrukturen für alternative Kraftstoffe erarbeiten. Nicht als Maßnahmen, aber immerhin als zu verfolgende Ziele erklärt die Regierung den Aufbau einer nachfragegerechten Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und Landstromversorgung für die See- und Binnenschifffahrt, die beihilferechtkonforme Ausgestaltung der Förderung alternativer Kraftstoffe für die Schifffahrt, sowie die Unterstützung von freiwilligen Initiativen zur Reduktion von umweltschädigenden Emissionen der Schifffahrt.
Der Bund setzt sich weiter dafür ein, die durch die Binnenschifffahrt entstehende Lärmbelastung der Bevölkerung bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent, ausgehend vom Jahr 2008, zu senken. Mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden soll, bleibt im Konzept jedoch offen.
Über den BDB e.V.:
Der 1974 gegründete Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) vertritt die gemeinsamen gewerblichen Interessen der Unternehmer in der Güter- sowie der Fahrgastschifffahrt gegenüber Politik, Verwaltung und sonstigen Institutionen. Mitglieder des BDB sind deshalb Partikuliere, Reedereien und Genossenschaften. Auch Fördermitglieder unterstützen die Arbeit des BDB. Der Verband mit Sitz in Duisburg und Repräsentanz in Berlin bezieht Stellung zu verkehrspolitischen Fragen und bringt sich aktiv in die Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein. Seit der Fusion mit dem Arbeitgeberverband (AdB) im Jahr 2013 vertritt der BDB auch die Belange der Verbandsmitglieder in arbeits-, tarif- und sozialrechtlichen sowie personal-, sozial- und bildungspolitischen Angelegenheiten und ist Tarifvertragspartner der Gewerkschaft Verdi. Der BDB betreibt das in Duisburg vor Anker liegende Schulschiff „Rhein“ – eine europaweit einzigartige Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtung für das Binnenschifffahrtsgewerbe.